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Ist ein Widder jetzt ein Stier – oder was?

Zwei astrologische Systeme kurz erklärt: siderisch und tropisch

Stelle dir vor, du stehst unter einem klaren Himmel und blickst auf die Sterne und Planeten. Stell dir nun vor, dass Menschen deren Lauf seit Jahrtausenden beobachten. Um die Positionen zu definieren, gibt es zwei Systeme: Den tropischen Tierkreis, der in der westlichen Astrologie verwendet wird, und den siderischen Tierkreis, genutzt in der vedischen Astrologie. Hier kommt es immer wieder zu heftigen Diskussionen und Missverständnissen. Kritiker der Astrologie bedienen sich gerne des Arguments, dass der Widder im tropischen System überwiegend im Bereich des wahren Sternbilds Stier liegt. Auch wenn das faktisch richtig ist, werden wesentliche Dinge außer Acht gelassen. Das ist ein guter Grund, sich die beiden Systeme näher anzuschauen.

Tropischer Tierkreis – im Spiegel der Jahreszeiten
Der tropische Tierkreis beginnt bei 0° Widder zur Frühjahrs-Tagundnachtgleiche. Das ist der Moment im Jahr, in dem die Sonne senkrecht über dem Äquator steht und auf der nördlichen Erdhalbkugel der astronomische Frühling sowie das astrologische Jahr beginnen. Dieser Zeitpunkt – etwa um den 20. März – wird als Neuanfang gefeiert. Das System des tropischen Tierkreises ist fest mit den Jahreszeiten verbunden, was es für mich persönlich so logisch und sympathisch macht. Es ist ein Modell, das unsere eigene Reise durch das Jahr und durch unser Leben in Einklang mit den natürlichen Rhythmen der Natur bringt.

Ursprünglich basierte auch der tropische Tierkreis auf den wirklichen Sternbildern. Später wurde jedoch ein Koordinatensystem mit festen 30°-Segmenten definiert. Diese sind nach den ursprünglichen Sternbildern benannt und besitzen deren Eigenschaften. Sie orientieren sich jedoch nicht mehr an der tatsächlichen Position dieser wahren Sternbilder am Himmel.

Siderischer Tierkreis – orientiert an wahren Sternbildern
Der siderische Tierkreis geht einen anderen Weg: Anstatt sich an den Jahreszeiten zu orientieren, bezieht er sich direkt auf die Sternbilder. Diese Konstellationen sind die Bezugspunkte, die man als relativ stabil betrachtet, auch wenn sie sich über sehr lange Zeiträume leicht verändern. Der Nullpunkt des siderischen Tierkreises wird durch eine feste Referenz am Sternenhimmel definiert. Spannend ist, dass sich der Nullpunkt aufgrund der Bewegung der Erde (Präzession) im Laufe der Zeit verschiebt. Im Schnitt wandert er etwa alle 71,6 Jahre um ein Grad.

Das bedeutet, dass die Sternbilder nicht mehr exakt dort stehen, wo sie waren und wo die Tierkreiszeichen im tropischen System zu finden sind. Heute liegt das Tierkreiszeichen Widder im tropischen Tierkreis größtenteils im Sternbild Stier. Es spiegelt die kosmische Veränderung wider, die durch die Bewegungen der Erde und der Sterne entsteht.

Erdverbunden oder kosmisch orientiert – beides ist wertvoll
Vielleicht fragst du dich jetzt: „Soll ich mich für eine Astrologierichtung entscheiden, die den tropischen oder den siderischen Tierkreis verwendet?“ Die Antwort ist, dass beide ihre Berechtigung haben und wertvolle Einsichten bieten können. Der tropische Tierkreis ist das in westlichen Traditionen verwendete Modell, das uns zeigt, wie wir mit den Jahreszeiten und den Zyklen des Lebens in Einklang kommen können – und uns damit hier auf der Erde besser zurechtfinden.

Der siderische Tierkreis hingegen ermöglicht einen tieferen Blick auf die Sterne und die tatsächlichen Positionen der Himmelskörper. Er erinnert uns an die stetigen Veränderungen im Universum und zeigt uns, wie wir uns mit den sich ständig bewegenden Sternbildern verbinden können.

Schlüssel zu mehr Selbstverständnis
Letztlich geht es nicht darum, welches System „richtiger” ist, sondern darum, was es aussagt und wie du die Erkenntnisse in dein Leben integrierst. Beide Ansätze laden uns ein, uns selbst, unsere Wesensnatur, das Leben auf dieser Erde und das Universum auf eine tiefere Weise zu verstehen.

Welche Perspektive du auch wählst – sie wird dir helfen, ein Stück mehr von dir selbst zu entdecken. Dabei bin ich gerne an deiner Seite, mit dem tropischen Tierkreis;-)

Und wer weiß, vielleicht blickst du beim nächsten Mal, wenn du den Himmel anschaust, mit ganz anderen Augen auf die Sterne.

Foto: pixabay